Henriette Gaertner live in concert
Henriette Gärtner Konzertpianistin
Portrait Henriette Gärtner

Musik aus der Champagnerflasche

Autor: Dr. Werner Fischer; E-Mail: kawefischer@gib8.de

Henriette Gärtner nach dem Konzert

Zum ersten der beiden Herbstkonzerte im Schloss Meßkirch strömten die Besucher von allen Seiten, „doppelt so viele wie letztes Jahr“, wie Landrat Dirk Gaerte in seiner Begrüßung meinte. Henriette Gärtner spielte unter dem Titel „Fantasie cantabili“ Werke von Domenico Scarlatti (1685-1757), Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Ludwig van Beethoven (1770-1827) und Frédéric Chopin (1810-1849). Das ganze Konzert ließ die Stadtverwaltung per Digitalkamera auf eine große Videoleinwand übertragen, damit auch weiter weg sitzende Besucher das atemberaubende Fingerspiel der Künstlerin bewundern konnten.

Die musikwissenschaftlichen und biographischen Einführungen in die gespielten Stücke kamen wie immer beim Publikum sehr gut an. Henriette Gärtner begann das Programm mit fünf Sonaten von Scarlatti, in denen sie die Vielseitigkeit an Formen, den Erfindungsreichtum von Motiven und die bis dahin unerhörte, erst später von Liszt übertroffene Virtuosität demonstrierte: weite Sprünge, Überschlagen der Hände, Tonrepetitionen, und das alles in schnellstem Tempo. Von Zeit zu Zeit hörte man, wie die Zuhörer den Atem anhielten, wenn wieder einmal schier unglaubliche Tastenartistik vorgeführt wurde. Dabei diente die perfekte Klaviertechnik in allen gespielten Werken des Programms nur als Mittel zu dem Zweck, den musikalischen Gehalt herauszuarbeiten. Mozarts Rondo in D-dur (KV 485), Musik „wie aus einer Champagnerflasche“, wie die Pianistin ihren Eindruck umschrieb, leitete über zu einem Jugendwerk von Chopin, den Variationen über ein Thema aus Mozarts Oper „Don Giovanni“, ein Werk, über das der gleichaltrige Robert Schumann urteilte, es sei von einem Genie geschrieben. Die bis dahin unerhörte Farbenpracht in der Einleitung, die zeitlos schönen Melodien Mozarts, die burlesken Sprünge des Leporello bis zum tragischen Untergang des Helden sind in schwierigste Passagen verpackt, die aber unter den Händen von Henriette Gärtner souverän geknackt wurden. Als Begründung, warum die Wahl auf Beethovens Fantasie op. 77 fiel, erklärte sie schmunzelnd: Chopin sei von den beiden Komponisten Bach und Mozart fasziniert gewesen, von Beethoven dagegen habe er nicht viel gehalten. Deshalb habe sie einmal Beethoven und Chopin zusammengespannt. Die Fantasie, eine ausgeschriebene Improvisation, wurde, unterbrochen von Spannungspausen, mit der nötigen Beethovenschen Kraft und Energie gespielt.

Henriette Gärtner wird gefeiert

Den Abschluss machte eines der Hauptwerke der Klavierliteratur, Chopins Sonate in b-moll. In ihrer einfühlsamen Einleitung hob Henriette Gärtner die Bedeutung des langsamen Marsches, der als erstes geschrieben wurde, und des Zweiten Themas für die ganze Sonate hervor. Für sie umschreibt diese Sonate ein ganzes Leben, vom jugendlich frischen und (sehr) kraftvollen „Doppio movimento“ über das Scherzo mit dem langen singenden Trio und dem berühmten „Trauermarsch“ bis hin zu dem rätselhaften, fahlen dahinhuschenden Finale. Für den reichen Beifall, Blumen und Geschenke bedankte sich Henriette Gärtner mit zwei Zugaben: der „Music Box“ von Anatol Liadov und „Alhambra“ von Francisco Tarregas.

Für die Fotos danke ich dem Fotografen Stefan Blanz M.A. http://blanzelot.de

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